Mein Alltag hier in Sambia hat sich so langsam eingespielt. Der Wecker klingelt vor allem montags meiner Meinung nach viel zu früh. Um 05:30Uhr beginnt da nämlich mein Tag. Um kurz nach 6 sitze ich schon mit Julia und unseren Sisters im Auto und bin auf dem Weg zur Schule. Noch im Halbschlaf stolpere ich auf dem unebenen Schulhof so vor mich hin und lande in dem noch leeren Lehrerzimmer. Ich lasse mich auf eines der Sofas fallen und muss mich echt anstrengen die Augen offen zu halten. Nach und nach trudeln die anderen Lehrer der Schule ein und begrüßen sich gegenseitig. Starten tut der Tag dann offiziell mit dem „opening prayer“ einem Eröffnungsgebet. Jemand betet für den Tag, für ein gutes Meeting und prinzipiell für alles was ihm oder ihr gerade so einfällt. Bei dem Beten werden hier die Augen geschlossen und ich muss mich jede Woche echt mehrfach dazu zwingen nicht wieder einzuschlafen. Ich war in Deutschland ein Morgenmuffel und bin es auch hier in Sambia, einige Dinge ändern sich auch auf einem anderen Kontinent einfach nicht. Danach wird von einem Lehrer eine Bibelstelle vorgelesen und ein anderer Lehrer hat die Aufgabe diese Bibelstelle zu analysieren. Eins muss man den Sambiern ja echt lassen. Aus der für mich inhaltslosesten Bibelstelle können sie die größten Dinge interpretieren. Grundsätzlich wird aber alles auf das Arbeiten als Lehrer und die Kinder bezogen und es werden Handelsschlüsse aus den Worten Jesu gezogen. Welcher Lehrer wann was genau übernehmen muss ist strengstens über einen Plan geregelt der an der Wand hängt. Und wenn einer der Lehrer mal nicht pünktlich ist, muss irgendwer anderes diesen Job dann spontan übernehmen. Danach dürfen die „Teachers on Duty“ der letzten Woche ihren Bericht ablegen. Dabei gibt es einen Lehrer von der Preschool, dem Kindergarten, und einen Lehrer der Primary Section, Klasse 1-7. „The week started well. The children reported in a good number and no accidents were reported. “ So in etwa beginnen die Berichte jede Woche. Danach darf Mr. Yali, unser Head Teacher, noch ein paar Worte an das Kollegium richten und zuletzt äußert sich der stellvertretende Schulleiter Mr. Silunjili oder die Rektorin Sr. Juliet. Dabei werden allgemeine Informationen verbreitet, Deadlines genannt oder Lehrer ermahnt. Außerdem werden Dinge genannt auf die die Lehrer achten sollen. „Die Mädchen sollen immer die Socken zur Schuluniform tragen und die Jungs sollen das Hemd bitte in die Hose stecken!“ „Lasst die Kinder nicht in Gruppen zur Toilette laufen!“ „Erinnert die Schüler daran keinen Müll auf den Boden zu werfen!“ „Viele der Schüler müssen immer noch die 2 Rollen Klopapier zur Schule bringen! Ganz viele haben das vergessen!“ „Bunte Flechtfrisuren sind bei den Mädchen nicht erlaubt!“ Nach einem „closing prayer“ dem Schlussgebet, geht es auf den Schulhof. Die Schülerinnen und Schüler haben sich mittlerweile auf dem Platz versammelt und sich klassenweise um die Fahne herum aufgestellt. Zwei bis drei Lehrer stellen sich auf die Empore vor der Flagge, während sich die restlichen Lehrer auf dem Korridor versammeln und zusehen. Die Lehrer begrüßen die Schüler und es gibt wieder einen „opening prayer“ und die Analyse einer Bibelstelle. Dieses Mal aber von Schülern. Nach und nach trudeln auch die restlichen Schüler ein. Mit Pünktlichkeit haben die es hier einfach nicht so. Danach werden sie an die Dinge erinnert, die vorher im Lehrerzimmer besprochen wurden. „Niemand soll in der alten Sportuniform zur Schule kommen, sondern unbedingt die neue kaufen!“ Kinder die nicht richtig angezogen sind werden ermahnt, und wenn die Jungs die Haare zu lang haben wird da flugs eine Klinke mit der Schere rein geschnitten damit sie zum Friseur gehen. Dann wird die sambische Nationalhymne gesungen, es gibt natürlich einen „closing prayer“ und die Klassen werden aufgerufen, um im Gänsemarsch zu ihrem Klassenraum zu laufen. Jeweils zwei ältere Schüler erwarten die Schüler schon vor der Klasse. Mädchen und Jungs stehen getrennt vor den Älteren in einer Reihe und lassen sich die Fingernägel kontrollieren. Kurz und sauber? Du darfst reingehen! Lang und / oder dreckig? Dafür gibt es einen Schlag auf die Finger. Im Klassenraum meiner vierten Klasse ist dann meistens von Ruhe und Ordnung keine Spur mehr. Es wird geschrien, gesprungen und teilweise wieder gestritten. Zum etwa 1000-mal ermahne ich Kubi und Happy deren Hobby es ist sich gegenseitig zu schlagen. Es dauert seine Zeit bis ich die 30 Kinder einigermaßen unter Kontrolle habe, aber da kommt auch meistens meine Lehrerin Madam Phiri und sorgt für Ruhe und der Unterricht kann beginnen. Literacy, Mathematics, English, Science, Social Studies, Icibemba und Creative and Technology studies. Diese Fächer werden alle fast täglich unterrichtet. In jedem Fach wird etwas Neues gelernt, ein Beispiel gezeigt und dann werden Aufgaben dazu gemacht. Dabei laufe ich durch den Klassenraum oder sitze an meinem Tisch. Ich habe nämlich die Ehre an dem Tisch mit den 6 Problemkindern zu sitzen. Hier in Sambia sind Gruppentische sehr beliebt und aus mir unerfindlichen Gründen werden die schlechten Kinder alle zusammen an einen Tisch gesetzt. Täglich ermahne ich sie also an die 100-mal und versuche sie irgendwie zum Arbeiten zu motivieren. Teilweise machen wir kleine Wettbewerbe, um herauszufinden wer schneller darin ist die Aufgaben zu lösen, sie oder ich. Während die Schüler an meinem Tisch dann auch mal die Überschrift und das Datum in ihre Hefte gekrickelt haben, kommen andere Schüler schon mit den gelösten Aufgaben zu mir. Jede Aufgabe die hier bearbeitet wird, wird nämlich von den Lehrern kontrolliert und abgezeichnet. Zu Beginn kam ich mir ziemlich seltsam vor in den Heften der Schüler mit einem roten Stift rumzuschreiben, mittlerweile ist das aber schon normal geworden. Es ist nur sehr auffällig wie unterschiedlich die Schüler innerhalb einer Klasse sind. Denn einige haben die Aufgaben innerhalb von wenigen Minuten gelöst, während sich ein paar über eine halbe Stunde damit abmühen. Die Kinder die schnell fertig sind sollen sich dann selber beschäftigen oder schlafen. Um 09:40 Uhr ist es dann Zeit für die Pause. Bevor es allerdings raus geht wird natürlich gebetet. „I love Jesus!“ Die Lehrer versammeln sich dann im Lehrerzimmer trinken Rooibush Tee und essen Fritta, ein frittiertes Gebäck. Gar nicht mein Fall. Die Gespräche sind immer sehr interessant und nicht selten ziemlich witzig. Madam Ndembela, die Lehrerin der ersten Klasse, hat uns ganz zu Beginn den Spitznamen „small small“ gegeben. Seitdem ist sie unsere „mbuja“ (Oma) und bringt uns so gut wie jede Pause durch ihre Art zum Lachen. Nach 20 Minuten geht es wieder zurück in die Klasse. Es wird weiter unterrichtet bis 12.30Uhr. Da heißt es dann Mittagspause. Julia und ich laufen dann gemeinsam über die Straße zum Boarding House. Etwa 25 Schüler wohnen in dem Internat und wie sie, essen wir dort täglich unser Mittagessen. Meistens besteht es aus Cabbage und Nshima mit etwas Fleisch und Soße. Die restliche Zeit der Pause verbringen wir dann mit Sr. Juliet im Lehrerzimmer und quatschen und entspannen uns. Nachmittags, also ab 14:00 Uhr, gibt es dann jeden Tag andere Aktivitäten. Montags ist library, d.h. die Schüler sollen alle leise ein Buch lesen. Das klappt dann meistens eher weniger gut. Dienstags stehen verschiedene Clubs auf dem Nachmittagsprogramm. Es gibt Debattier-, Naturwissenschafts-, Gedichte- und Kunstclubs, es ist wirklich alles dabei. Mittwochs ist es alle zwei Wochen Zeit für Sport. Für 1 ½ Stunden treffen sich ALLE Schüler der primary section of dem großen Platz neben der Schule und spielen Fußball oder andere Gruppenspiele. Die Pfadfinderspiele meiner Kindheit sind hier durchaus gut angekommen. Teilweise tanzen wir auch gerne mal den Macarena. In der anderen Woche wird mittwochs 30 Minuten eher Schluss gemacht, um Sport zu treiben und der Nachmittag ist dann frei. Auch donnerstags und freitags ist um 12:30 Uhr für die jüngeren Schüler Schulschluss. In den letzten Wochen habe ich außerdem angefangen als Sekretärin zu arbeiten, denn die Arbeit in der Klasse kann durchaus sehr eintönig werden. Also habe ich fast nur noch am Computer gesessen, Reden für den Abschluss abgetippt, Budget Listen erstellt und Briefe verfasst. Letzte Woche habe ich außerdem die End of Term Tests für einige der Klassen abgetippt. Denn mit dem Tippen haben die Lehrer es hier alle nicht so. Doch nachdem ich die letzten 3 Wochen kaum in meiner Klasse war vermisse ich meine Kinder schon ziemlich. Insbesondere, weil zwei meiner Schüler zum nächsten Term die Schule wechseln. Aber im Büro kann Sister Juliet wirklich jede Hilfe gebrauchen und ich hätte mich wirklich sehr schlecht gefühlt sie dabei im Stich zu lassen. Was die Arbeit im nächsten Term angeht bin ich mir noch nicht sicher, wie genau das ablaufen wird. Denn einige der Lehrer gehen und ich weiß nicht, ob ich wieder mit meiner Lehrerin zusammen arbeiten werde. Dazu kommt, dass wir erst Anfang Februar von dem fid Seminar zurück kommen. Das heißt, dass die Schule schon 3 Wochen läuft, wenn wir zurück kommen. Ich bin also sehr gespannt, wie das alles weiter geht. Soweit ich weiß, darf ich zumindest bei meiner Klasse bleiben und sie unterstützen, was mich wirklich sehr freut. Jetzt im Dezember liegt noch der Abschluss der Preschool vor uns. Danach gehen wir nach Chilubula, um bei einer großen Zeremonie der Schwestern dabei zu sein. Denn 7 Schwestern, darunter auch unsere Sr. Jacintha Semba, legen ihren letzten Schwur ab, dass sie als Sisters sterben möchten. Danach wollen wir ein 2 wöchiges Praktikum im Krankenhaus machen, bevor die große Reise losgeht. Gemeinsam mit den Namibia Freiwilligen erkunden wir zu 8. Tansania bevor es auf zum Seminar geht. Ich kann es wirklich kaum erwarten.
0 Kommentare
Hinterlasse eine Antwort. |
Archiv
August 2018
Wer bin ich?
Ich heiße Alicia Meschede bin 19 Jahre alt und komme aus Paderborn. Nachdem ich nun meine Schullaufbahn beendet habe, gehe ich für ein Jahr nach Sambia, Afrika. Zusammen mit meiner Freundin Julia werde ich dort ein Jahr in Mpulungu arbeiten. |